Interview mit Henry über Johnny Zahngold, RAC, Nationalen Rap und Politische Philosophie

Hallo Henry, ich danke dir, dass du dir die Zeit nimmst und mir die Möglichkeit gibst, dich etwas auszufragen. Zuerst darfst du dich einmal vorstellen, falls dich jemand noch nicht kennt. Möchtest du uns zudem etwas privates oder etwas zu deinem Werdegang außerhalb der nationalen Musik erzählen?

Moin Puni, zunächst mal vielen Dank, dass DU dir die Zeit nimmst, mich zu interviewen. Allzu persönlich möchte ich natürlich nicht werden, aber ein paar Eckpunkte kann ich gerne preisgeben. Ich stamme aus der schönen Kurpfalz, bin ein Mann in den Dreißigern und habe Linguistik, Kulturwissenschaft, Übersetzungswissenschaften und Philosophie studiert. Gerne hätte ich promoviert und wäre an der Uni geblieben, aber jemand wie ich hätte das permanente Damoklesschwert des Rauswurfs über sich. Daher arbeite ich im Kommunikations- und Marketingbereich und ab und an publizistisch. Geld ist nicht alles im Leben, und irgendwelche “Karrierepläne” sind für unserereiner eh für´n Arsch… zumindest in diesem Staat.

Du bist also Musiker und verfasst Texte. Kannst du näher ins Detail gehen, wo du überall deine Finger im Spiel hast? An welchen Bands und Projekten werkel(te)st du mit?

Also um mal die wichtigsten zu nennen: Häretiker, Blutbanner, Grenadier, Enesess. Das ist quasi meine “Schnellschussantwort”, allerdings muss ich ganz klar sagen: Namen sind im nationalen Musikbereich noch schalliger und rauchiger als anderswo. “Projekt” ist für den Großteil der Produktionen der treffende(re) Begriff, “Band” nicht wirklich. Allerdings kann das ja jeder selbst entscheiden, wie er das Kind am Ende nennen möchte.

Ich bin letztlich einfach ein Songwriter in bzw. für verschiedene Genres. Ob Rock, Rap, Metal, Schlager, Balladen was weiß ich. Auch hier sind die Übergänge ja fließend. Was 1970 noch aufgrund der Soundwucht als “Metal” galt wie Deep Purple oder Led Zeppelin, gilt heute als “Rock”, den ältere Herren im Schrebergarten hören. Mich da fest zu verankern oder zu

‚positionieren‘ ist mir ohnehin zu blöd. Mal abgesehen davon, dass Jimmy Page jedes einzelne

“Rechtsrock”-Album an die Wand spielt, wem bringt ein festes Genre-Korsett etwas?! Ich möchte wie gesagt einfach gute Musik machen, meinen Teil beitragen – ob da Heavy Distortion oder buttrige Synthesizer dominieren, is doch zweitrangig.

Ebenso die nutzlose Attitüde von irgendwelchen Profilneurotikern, die sich über eine “feste Position in der Band” definieren wollen, obwohl das dem Song schadet. Es geht nicht darum, wer das Solo spielt, wer die Bridge und wer den Kehrreim singt, wer den C-Part einrappt und wer vielleicht 8 Takte Slap-Bass eingroovt – es geht um den Song! Um nichts anderes! So wie es in einer Fußballmannschaft darum geht, das Spiel zu gewinnen – wer die Tore schießt, ist letztlich scheißegal.

Ich arbeite ohnehin am liebsten gemeinsam mit anderen Leuten, die eine ähnliche Vorstellung von einem Song (und damit korrelierend auch mit diesem Arbeitsethos) haben. Ich muss mich nicht für jeden “meiner” Songs selbst ans Mikrofon stellen. Wer bin ich denn?! Kurt Cobain?! Sicher nicht…

Meine gesamte Weltanschauung dreht sich um funktionierende Kollektive, um Gemeinschaftssinn, um eine Überwindung des Individualismus. Wieso sollte gerade in der Musik, dem künstlerischen Ausdruck ebenjener Idee, dieses Prinzip negiert und somit ad absurdum geführt werden?! Ameisen rasieren die Tarantel nur als Staat…

Was sind deine musikalischen Einflüsse, falls es so etwas gibt?

Oh, das sind einige. Da muss ich etwas weiter ausholen, denn im Grunde gefällt mir wirklich alles außer Jazz und irgendwelche Technogeschichten im absurd hohen BpM-Bereich hahaha

Da ich ja quasi “aus dem Rock” komme, fangen wir vielleicht damit an. Da sind auf jeden Fall die Stones zu nennen, mit Abstrichen auch die Beatles. Songwriterisch wohl unübertroffen. Deren bluesige Vorgänger und Wegbereiter müssen natürlich auch genannt werden, besonders mag ich Muddy Waters und John Lee Hooker. Wer sich jetzt daran stört, weil die beiden ja schwarz waren, der liest am besten nicht weiter und schlitzt sich mit seiner RAC-Sammlung die Pulsadern auf. Alle anderen nehme ich gerne mit in die Siebziger, wo es dann härter wurde… die ersten Black Sabbath waren genauso legendär wie Queen, aus den Achzigern gefallen mir die ersten drei Metallicascheiben besonders gut – mit anderem Gethrashe wie Slayer oder Megadeth kann ich hingegen überhaupt nichts anfangen, weil die Vocals oft so ‚abgehackt draufgesprochen‘ wirken. Das klingt mir zu oft nach “Hört her, wie toll meine Leadgitarren sind, der Rest is mir egal”. Als Axl noch Stimmbänder hatte, war Guns’n Roses richtig geil, Nirvana hab ich als kleines Kind ebenso aufgesogen. Aus den 2000ern gefällt mir Fall Out Boy richtig gut. Pete Stump ist vielleicht der aktuell kompletteste Rocksänger der Welt.

Ein ähnlich großes und breitgefächertes Feld ist wohl die Popmusik. Da gefallen mir Kesha, Christina Aguilera, Destiny’s Child, Lady Gaga und Charli XCX besonders gut – das ist einfach so tanzbar, so geschmeidig: Musik für den Club. Ebenso gefallen mir die – manchmal total überzeichneten – Popsachen aus den 80ern: der ganze NDW-Kram, Modern Talking natürlich, Depeche Mode, in den Neunzigern dann die herrlich trashigen Schlager und Eurodance-Songs. Wer lungerte als Pickelgesicht nicht auch am Boxautostand rum und hat zu “Mister Vain” und “Coco Jambo” den geilen Weibern hinterhergegafft?!

Das dritte große Feld für mich ist natürlich Rap und RnB. Wenn Rock die kernigste Musik ist, Pop die melodiöseste, dann ist Rap wohl die vokalste Musik. Rap ohne Raps wär ja auch blöd, wa? Hahaha nee, mal im Ernst: in keiner anderen Musik kann man mit Sprache so schön spielen wie im Rap. Da sind natürlich die Großmeister ihres Fachs zu nennen, ich breche es mal runter auf zwei deutschsprachige MCs: Kool Savas und Kollegah. Kool Savas besticht vor allem durch Akzentuierungen und Reimschemawechsel. Das, was man vielleicht mal im Deutschunterricht gehört hat bei der Gedichtanalyse (Jambus, Trochäus, Daktylus), genau DAS setzt er um auf Beats. Kollegah hingegen ist unübertroffen was Vergleiche und Punchlines angeht. Zur Erklärung: bei “Maus im Haus” reimt sich eine Silbe. In einer Kollegah-Zeile reimen sich gut und gerne 7 oder 8 oder noch mehr Silben. Und zwar so, dass es auch noch Sinn in der Erzählung ergibt. Jeder Idiot, der behauptet “Rappen kann ja jeder”, darf das gerne mal ausprobieren.

Welche Instrumente beherrschst du?

Nicht ein einziges, wenn es über billigsten Punkrock oder Neandertalerbeats hinausgehen soll hahaha Ich habe eine leichte tremonale Dystonie… viele Leute sagen von sich ja gerne “Ich hab zwei linke Hände!”… ich hab die teilweise wirklich hahaha

Aber auch hier gilt ohnehin: Schuster, bleib bei deinen Leisten – statt “alles selber” zu versuchen, sollte man sich spezialisieren. Dadurch profitieren letztlich ja auch alle… Im Jahr 2021 kann man sich ohnehin die Frage stellen, ob man für jeden Furz eine Gitarre in die Hand nehmen (oder noch schlimmer: sich in irgendeinem foichten Kelleraum treffen muss). Mit 19 war das noch lustig, da war man ja auch immer voll hahaha Aber mit Häretiker arbeiten wir z.B. seit Jahren ganz geschmeidig mit einem Programm namens GP, wenn es um Songstrukturen und erste Riffs geht. Da hat man das Griffbrett virtuell und kann Dinge super angenehm skizzieren.

Bis es im Studio richtig eingespielt und abgemischt ist, klingt eh jede Skizze scheiße… egal ob man sie mit Midi-Noten macht oder Handys an Akustikgitarren hält hahahaha

Bist du auch als Ghostwriter tätig?

Ja. Im Grunde ist das ja ein offenes Geheimnis, mein Ghostwriting und mein eigener “offizieller” Output stehen circa im Verhältnis zwei Drittel, ein Drittel. Aber auch hier verschwimmen die Grenzen. Klar, es gibt auch mal relativ lieblose “Auftragsarbeit”, aber im Normalfall identifiziere ich mich auch als Ghost vollends mit den Songs und lege viel Herzblut rein. Irgendwas hingerotzt wird aus Prinzip nicht. An dieser Stelle möchte ich aber nochmals darauf hinweisen, dass ohnehin nicht (mehr) klar ist, was als “Band” und was als “Projekt” gelten soll/kann/darf/muss. Zudem: wo fängt Ghostwriting an, wo hört es auf? Bei einer Zeile, einem Titel, einer Strophe, dem ganzen Song? Beim Lektorat, um Grammatik- und Semantikfehler zu beheben? I don’t know…

Kommen wir zum Jahresrückblick 2020, deinem ganz persönlichen Jahresrückblick, denn 2020 hast du eine bunte Palette an Produktionen auf den Markt geworfen. Erzähl mal, was kam und was dich dazu bewegte.

Ja, einmal Rock, einmal Rap und einmal Schlager, wobei es in puncto Rap ja nur das Feature war für den Corona-Song mit Kategorie C und Heureka und der Song für die Soloscheibe vom KC- Hannes. Fangen wir mit dem kleinsten Beitrag an hahaha, das Feature für den Corona-Song sind nur 8 Takte. Was mich dazu bewegte, war, dass ich höflich gefragt wurde. Das ganze war im Frühling 2020… viele haben uns für den Song damals als “Weltuntergangsspinner” abgetan… leider hatten wir Recht. Der Song “Orthos” auf der Soloscheibe vom Hannes ist ein klassischer Battlerapsong auf nen klassischen HipHop-Beat, nix Crossover – straight in die Fresse hahaha. Thematisch hab ich es – welch Wunder – auf Fußball ausgelegt. Die Punchlines sind gewissermaßen Easter Eggs für Leute, die sich mit Fußball UND Rap beschäftigen (z.B. “Ich bin r/Rechtsaußen wie Antonio Candreva”), für den ’normalen RAC-Hörer‘ ist das wahrscheinlich Klingonisch hahaha.

Übrigens hat Hannes den Kehrreim nicht gesungen, sondern auch eher gerappt. Ich hatte anfangs echt Bedenken, aber der Typ is ein Naturtalent! Einfach auf Anhieb richtig sauber im Takt, und mit seiner rauchigen Stimme hat das ’ne interessante Note. Hat ja bei dem Song mit Xavier ebenso gut geklappt – 20/21: die Rapbellion beginnt, mit alten RAC-Haudegen hehe

Bleiben wir bei “rauchigen Stimmen”: die Grenadier III Banner ist mittlerweile der dritte Teil dieses Projekts. Der erste Teil kam vor zwanzig (!) Jahren heraus und war eine Kollaboration der Bremer Jungs von Endstufe und den Australiern Fortress. Endstufe sind auch hier wieder dabei nach 20 Jahren! Einfach Wahnsinn! Erste Frage dazu: Was hast du 2001 gemacht? Zweite Frage: Kannst du etwas zu dem Entstehungsprozess der dritten Grenadier sagen?

2001 hätte ich wahrscheinlich gerade voller STOLZ meine weissgeschnürten Rangers angezogen, um damit in unsere Dorfkneipe zu torkeln. Dort waren wir ebenfalls sehr STOLZ. Das war die Zeit, als wir noch Eisenkrieger waren – eiserne Krieger bzw. Krieger aus Eisen. Es war eine gute Zeit. Eine STOLZE Zeit. Es war die EISENZEIT!

Nun aber schnell ins Hier und Jetzt hahaha… der Entstehungsprozess der G3 war sehr interessant. Im Sommer ’18 war Phil bei uns zu Gast. Neben schönen Ausflügen kamen wir natürlich – wie immer eigentlich – auf Musik. Ich hatte einige Songideen skizziert und Phil gezeigt. Der war direkt davon angetan und nahm sich diesen Skizzen an. So enstanden peu à peu richtig coole Werke, Phil hatte auch noch viele Texte bzw -Textideen, einiges haben wir

komplett neu konzipiert, inspiriert, alkoholisiert konspiriert hahahaha… es war ein langer Prozess, der auch stellenweise mühsam war, aber genau so muss es sein! So entstehen gute Songs! Gut Ding will Weile haben, allein bis alle Vocals dann im Kasten waren, vergingen viel Zeit und Nerven. Alleine für die Zusammenstellung der “Sänger-Doppelpacks” haben wir uns viele Gedanken gemacht, aber letzten Endes wurde dann alles stimmlich stimmig umgesetzt, denke ich. Eine Bandbreite von Blitzkrieg bis Sturmwehr kommt nicht alle Tage.

Phil ist ein unfassbar talentierter Musiker, im Fußball würde man ihn als “kompletten Spieler” bezeichnen – die ganzen Drums sind ja auch von ihm. Der Typ is quasi richtig fit an allem: Saiteninstrumente UND Perkussionskrams. Und dann eben noch dieser herrausragende Gesang. Was will man mehr?! Ebenfalls Hochachtung gebührt natürlich Flatlander für die tolle grafische Umsetzung (und natürlich seine Vocals auf zwei Songs!) und Max von den W.A.R.-Studios fürs Mastern. So einen fetten Rocksound muss man erstmal hinbekommen.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass Fortress auf der Scheibe fehlt. Aber was will man machen?! Scotty waren zu dieser Zeit coronatechnisch einfach die Hände gebunden, er hätte liebend gerne seine Vocals aufgenommen, aber es war einfach nicht möglich. Er gab uns so viel moralische Unterstützung und direkt “grünes Licht”, es auch ohne Fortress-Beteiligung fertigzustellen – im gemeinschaftlichen Geiste der Grenadierreihe… richtiger Ehrenmann! Dass die Scheibe so gut ankam (bzw. ankommt) freut uns natürlich sehr – vielen Dank an alle, die sich das Teil gegönnt haben 🙂

Johnny Zahngold – der erste rechte Schlagerstar! Auch da war 2020 das Debut. Wie kamst du dazu, diese Figur zu erschaffen?

Die banale Antwort: weil es so etwas in unseren Reihen bisher nicht gab, es aber nötig war. Schlager ist die Musikrichtung, die im Grunde ausschließlich von Deutschen gehört wird. Ob Mann, Frau, jung, alt. Als Patrioten müssen wir in jeder relevanten Musikrichtung präsent sein: so natürlich auch in derjenigen Musikrichtung, die auf jedem Feuerwehrfest, Jedermannsturnier, Scheunen-Gaudi oder Weinkerwe läuft. Letztlich ist Schlager ja eine Variante der Popmusik, und auf diesem Feld sind wir einfach gnadenlos unterrepräsentiert… das Verhältnis stimmt einfach nicht. Es gibt circa eine Million Rechtsrockbands – wie der Großteil dieser Bands auf normale Leute wirkt, ist nochmal ein anderes Thema. Aber betrachtet man das notwendige große Räderwerk einer Bewegung, die beansprucht sich nicht nur selbst zu bespaßen, sondern auch mal Leute, die vll nicht schon “20 Jahre im NW” sind, dann sieht es leider sehr düster aus.

Einige Gralswächter und Schlauberger haben sich ja tatsächlich beschwert, warum die Johnnysongs “alle so rumdudeln”. Solche Fragen sind entlarvend, basiert Schlager ja auf Eingängigkeit. Wer sich darüber ‚beschwert‘, dass ein Schlagersong zum monotonen Klatschen animiert, der hat einfach den Schuss nicht gehört. Diese Art Musik ist nicht für intellektuelle Kaminabende da, sondern für’s Bierzelt, für den Strand und für Junggesellenabschiede. Wummerbass, Synthies, Kopp aus, Pulle uff – auch das gehört zum Leben!

Aber die meisten verstehen das ja. An der Stelle möchte ich mich auch einfach mal ganz herzlich bei der Community bedanken für die ganzen Gag-Bildchen, Lyricsvideos, Remixzeugs, Klebereien, Memes und Storys und weiß der Kuckuck (Puni: Seitenblick zu Ko-Autor Johannes 😉 ). Ich kann nicht alles posten, aber ich bin immer wieder erstaunt über soviel (leicht gestörte) Kreativität hahahaha. Und natürlich Danke an alle ehrlichen Hoite, die die Schnitzel-Mini gegönnt haben – auf euch eine knusprige Power-Panade der Solidarität hehe (Puni: Darauf gehen wir in der Junisendung von Punikoff FM ein).

Unterm Strich gilt weiterhin: Partys entern, Partys ändern – Gegenkultur stärken! Wollen doch mal sehen, wer die stabilere “Partyszene” aufbieten kann hahahaha

Wie sieht deine kreative Zukunft aus? Arbeitest du an neuen Projekten?

Vom Output her wird es generell deutlich weniger werden. Ich habe Frau und Kind (und es soll nicht bei einem Kind bleiben), da muss man naturgemäß kürzer treten. Zudem habe ich im RAC- Bereich jetzt so ziemlich alles mit so ziemlich jedem gemacht, was ich mal vorhatte und für sinnvoll hielt (bzw. halte).

Vielleicht erscheint in diesem Jahrzehnt noch als Finale Grande ein abschließendes Häretiker-Album, das dann aber mit einem neuen Leadsänger. Für die Songs brauchen wir definitiv jemanden, der richtig singen kann… aber da gibt es ja einen kleinen Mann aus dem Rheinland 🙂 Ich mach dann irgendwas im Chor und/oder Raps, wenn es ins Lied passt. Und eben das Gegrowle, als „Zutat“ kann ich mir das anhören (auf unserem gemeinsamen Song auf der DST Tribute hat das ja auch ganz gut geklappt). Aber steht noch alles in den Sternen… Häretiker ist sowas wie ein permanenter Prozess geworden, wir haben mittlerweile über 50 Hirnfürze probiert und verworfen… da ist definitiv der Weg das Ziel; und wir machen uns keinerlei Stress wann irgendetwas erscheint. Das, was wir aktuell haben, sind auch wieder nur erste Songskizzen, “Demos” wäre schon zuviel gesagt, aber man erkennt wohin die Häretikerscheibe gehen könnte…

Können wir in diese “Songskizzen” mal reinhören?

Oh Gott, Werkschau hahaha Aber nur, weil du so ein hübscher junger Mann bist, Puni hahahaha

Sound ist natürlich noch grottig, es ist wie gesagt die Vorarbeit zu einem Demo. Die bisherigen Instrumentalspuren schnell übereinandergelegt und als MP3 rübergejagt, sodass ich es einfach über die Abhörmonitore laufen lassen kann… Mikro an, Pulle auf, Text druffjebrabbelt, fertig. So konservieren wir zumindest mal erste Ideen hehe Ich render dir das die Tage raus, dann kannst du ja so eine Art “Skizzen-Medley” einblenden, wenn du möchtest… aber ich warn dich: das rauscht mehr als das Meer hahaha

[Die Skizzen werden als mp3-Zusammenschnitt in Kürze auf dem Telegram-Kanal verfügbar sein:
https://t.me/punikoff ]

Aber um auf deine Ausgangsfrage zurückzukommen: ein weiterer Grund, warum der (musikalische) Output weniger werden wird, ist die Tatsache, dass ich momentan an meinem ersten Buch arbeite. Das hat aber nur ganz am Rande etwas mit Musik zu tun; es ist vielmehr ein unterhaltsamer Kurzroman zu, mit und über philosophische(n) & kulturwissenwissenschaftliche(n) Schieflagen.

Jüngst ist deine Scheibe “Völkisch by Nature” erschienen, da verbindest du ja Metalcore mit Rap. Was hat dich dazu bewogen, ein solches Crossover-Projekt zu starten?

Auch hier war einer der Beweggründe, dass es das in dieser Form in unseren Reihen noch nicht gab. Anders als bei Johnny Zahngold (ich komme ja nicht “aus dem Schlager”), war es bei VbN jedoch mehr wie eine Art Synthese aus zwei Musikrichtungen, in denen ich ja schon lange aktiv bin: Rap und Metal – vll ist der passendste Begriff für diese Verschmelzung dann tatsächlich “Nu Metal”, wobei ich VbN als deutlich aggressiver als Crazy Town oder Alien Ant Farm empfinde. Zumindest sind die Parts klarer differenzierbar. Die Strophen sind schon straight gerappt, kein “Sprechgesang”. Die Kehrreime und viele C-Parts sind hingegen gesungen, und nicht halb gerappt. Schwer zu beschreiben, am besten mal selber reinhören hahaha

Bleiben wir mal beim Thema Rap. Ich habe Rap und Hip Hop damals abgelehnt, weil man das als Metaler ja so macht 😀 Sprechgesang habe ich im Nu Metal geliebt und 2010 hast tatsächlich du mit „Shice auf Hip Hop“ mich angefixt und seitdem war ich dem N-Rap verfallen. Seit Beginn 2021 habe ich mir auch etliche Rapbattles angeschaut und habe gelernt, dass das keinesfalls Krieg ist, was die sich beiden MCs da acapella oder unterstützt durch Beats um die Ohren hauen, sondern ein Sport: Wortakrobatik vom Feinsten. Was hältst du davon?

In erster Linie: Abstand hahaha Die kulturwissenschaftlichen Hintergründe von Rapbattles sind eher was für dröge Hauptseminare, persönlich identifiziere ich mich damit nicht. Ich habe ja bereits mehrfach erklärt, dass Rap eine pragmatische Notwendigkeit im nationalen Lager erfüllt. Diese Haltung ist ja mittlerweile auch Common Sense in unseren Reihen, die hinterletzte geistige Amöbe werde ich auch mit diesem Interview nicht überzeugen…

A-Capella Battles sind auch nur ein ganz kleines Teilgebiet des Raps. Am ehesten vergleichbar mit “Gitarrensolo-Duellen” auf Wacken… ist letztlich irrelevant. Was wir brauchen, sind SONGS.

Fett produzierte, lyrisch hochwertige Rapsongs. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Und da kommt der “Battle-Gedanke” bzw. der “Competition-Gedanke” automatisch rein. Ich habe vorhin ja bereits die Hochwertigkeit einer Kollegah-Strophe dargelegt. Das ist – adaptiert auf Gitarrenmusik – nunmal Metallica. Und Metallica ist nicht ohne Grund erfolgreich: die beherrschen einfach ihr Handwerk! Und wenn man im Rap eben permament nur billige zwei- oder dreisilbige Kinderreime auf grottigen Sound releast, dann gewinnt man heutzutage keinen Blumentopf.

Ende der 2000er (weil du Shice auf HipHop anführtest) war das einfach ne andere Zeit. Das war ja klassische Pionierarbeit… aber so etwas kann man heutzutage einfach nicht mehr bringen. Erst Recht nicht als Video hahaha. Auch das muss knallen. Ein Video ist immer auch eine Übersetzung – in Bildsprache. Auch hier sind vernünftige Konzepte essentiell!

Da beißt die Maus keinen Faden ab: Die einzige Crew, die wirklich die Kriterien erfüllt, ist Neuer Deutscher Standard. Das hat schon seine Gründe, warum NDS bisher mit jedem Release in den motherfucking Charts war! Platz 1 auf iTunes, auf Amazon, in den Spotify-Playlists Szenegrößen wie Jan Delay oder die 187-Straßenbande deklassiert. Das ist der absolute Wahnsinn, hat es in der Form noch nicht gegeben. Die Kirsche auf der Klang-Torte ist natürlich, dass es nicht nur der Rap ist, sondern dass NDS mit Runa die vielleicht talentierteste und versatilste rechte Sängerin unter Vertrag hat. Prodeutscher RnB – established 2021 – es wurde Zeit.

Des Weiteren ist NDS ja nicht nur bei den Deutschen auf dem Schulhof die Nummer 1, sondern längst in breiten (patriotischen) gesellschaftlichen Millieus fest verankert. Allein der Konter gegen die antideutsche Antilope Danger Dan auf den Compact-Kanälen. Der Song war (und ist nach wie vor) der musikalische Wind in der für uns überlebenswichtigen Kampagne gegen Linksstaat und Antifa-Terror. Genau solche Projekte sorgen für die Synergien, die es braucht, um eine ernstzunehmende Gegenkultur darzustellen. Mit irgendnem schlechten Gestotter oder Gegrunze über Kampfstiefelpanzer erntet man vll Applaus in der eigenen subkulturellen Szene, macht sich aber zum Kaschperl bei den restlichen deutschen 99%.

Kommen wir zur nächsten großen und letzten Kategorie in diesem Zwiegespräch. Wir möchten mit dir die Zeit von 2010 bis 2020 kritisch betrachten und analysieren. Wo standen wir, wo stehen wir und wo müssen wir hin?

Hahahaha, da kommt ja zum Abschluss noch so ne Mammutfrage, aber warum nicht…

Ende der 2000er, Anfang der 10er-Jahre wurde für viele später fruchtbare Dinge der Nährboden gelegt. Einer oft doch eher ‚griesgrämigen‘ Rechtsrock-Hegemonie wurde gewissermaßen der Todesstoß versetzt, mit Metalcore und Beatdown wie Moshpit oder Burning Hate hat man definitiv viele (neue gute) Leute angesprochen, die mit ‚klassischem RAC‘ nichts (mehr) anfangen könnten bzw. konnten. Aber auch der RAC als solcher machte große Fortschritte. Man muss ja auch keine Wissenschaft daraus machen oder krampfhaft irgendein “Rock-Rad” neu erfinden… aber das, was beispielsweise AoV oder FLAK mach(t)en, ist doch einfach saubere Rockmusik: beherrschen ihre Instrumente auf hohem Level, die Texte sind nicht irgendein stumpfer Klischeekram und der Gesang hört sich nicht an wie aus einem DDR-Gruselfilm, wenn das Kinderfressermonster aus dem Sumpf kriecht. Kurzum: sowas könnte ich der Nachbarsfamilie zeigen, ohne dass sie mich für verrückt halten.

Weitere Aspekte dieser Zeit waren auch experimentierfreudige coole Projekte wie z.B. die Slapguns mit ihrem Kontrabass – wieso denn nicht? Ich hab’s gefeiert. Auch im Publikum auf den Konzerten gab es einen merklichen Wandel. Wir mit Häretiker haben unseren Crossover probiert (woraus sich dann ja Enesess entwickelte), Makss Damage kam in die richtigen Kreise, Eternal Bleeding / SzU haben wichtige Pionierarbeit geleistet, mit Legion N-Rap enstand die erste nationale Rap-Crew… waren schon wilde Jahre hehe.

Über das Jahrzehnt hinweg hat sich die Professionalisierung dann ja quasi manifestiert. Alleine, wenn man sich da mal die BZ-Sachen oder Künstler aus dem Leveler-Umfeld anhört… das is schon richtige Qualität. Da sind Leute an den Gitarren, die könnte man problemlos auf ner RaR-Bühne 100.000 Leuten präsentieren ohne abzustinken. Ein weiterer positiver Punkt ist die Professionalierung hinsichtlich Artwork und Visualisierung. Sahen viele (CD)Designs in den 2000ern noch sehr billig und (klischeebehaftet) einfallslos aus, so kann sich auch das mittlerweile sehen lassen… alleine das, was der Flatlander da entwirft: großes Optik-Tennis!

Am Ende der 10er-Jahre kamen dann – in fast logischer Konsequenz – ja viele echt runde Alben raus, die auch wirklich gut ankamen (obwohl vor 10 Jahren ja deutlich mehr CDs an sich verkauft wurden). Nimmt man alleine mal die aktuelle BZ, so gilt die den meisten BZ-Fans ja als “absoluter Zenit”. Da muss man echt den Hut vor ziehen! Selten passt ja alles direkt auf Anhieb schon “perfekt”, vielleicht gibt es auch hier antizyklische Entwicklungen… aber an sich ist Entwicklung (in den meisten Fällen) ja nichts negatives.

Die zahlreichen “Votings” geben zumindest ’szenemäßig‘ einen gewissen Aufschluss, allerdings zeigen sie ja auch das traurige Bild absoluter Zahlen und Prozentsätze im Kosmos eines Subgenres eines Subgenres eines Subgenres. Bitte nicht falsch verstehen: ich freue mich natürlich über jeden “Voter”, der der Blutbanner 2018 die ‚Silbermedaille‘ beschert hat; aber das waren halt 167 Stimmen. Sich darauf jetzt brutal abzufeiern wäre ja irgendwie schräg hahaha. Vielleicht sollte man dieses ganze Jahrestrophäenawardshowabstimmungszoigs mal solange auf Eis legen bis es so etwas wie eine Minimalrelevanz gibt. Ich fände es auf jeden Fall gut, wenn man den Begriff “Promillebreich” irgendwann nur noch für Kneipenabende anwenden müsste hahaha

Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten, die letzten Worte gehören dir.

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